Geschäftsnummer: | 23.3708 |
Eingereicht von: | Lohr Christian |
Einreichungsdatum: | 14.06.2023 |
Stand der Beratung: | |
Zuständigkeit: | Departement des Innern |
Schlagwörter: | Rente; Bundesrat; Eingliederungsmassnahmen; Rechtsprechung; Stossende; Bundesgerichtliche; Auswirkungen; Fällen; Erfolgreich; Beginn; Durchgeführt; Kreisschreiben; Neuste; Gescheitert; KSIR; Bundesgericht; Teilweise; Wartezeittaggeld; Eingliederungsmassnahmen; Allfälliger; Arbeitslosentaggelder; übrig; Stark; Verschulden; Sozialhilfe; Anzumelden; Hinblick; Beantwortung; Fragen:; Zeiten |
Zum Grundsatz "Eingliederung vor Rente" (Art. 28 Abs. 1 Bst. a IVG) hält das Bundesgericht in neueren Urteilen (9C_380/2021, 148 V 397) fest: Solange Eingliederungsmassnahmen - auch in der Form von Integrationsmassnahmen wie z.B. ein Aufbautraining - möglich sind, kann eine Rente nicht zugesprochen werden. Dies gilt selbst dann, wenn diese nur teilweise erfolgreich waren oder gar gescheitert sind. Das BSV hat diese Rechtsprechung im Juli 2022 in sein Kreisschreiben (KSIR, Rz. 2300) aufgenommen.
Die Praxis zeigt: Oft werden mehrmals und mit Unterbrüchen Eingliederungsmassnahmen durchgeführt. Sind sie nur teilweise erfolgreich oder gar gescheitert und besteht ein Rentenanspruch, hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung stossende Auswirkungen. So geschehen im Fall 9Q380/2021 vor Bundesgericht: Zwischen Beginn Arbeitsunfähigkeit und Beginn der ganzen IV-Rente liegen rund 4 Jahre. Eingliederungsmassnahmen mit IV-Taggeld wurden in dieser Zeitspanne aber nur während einem kleinen Bruchteil durchgeführt. Wer finanziert in solchen Fällen den Lebensunterhalt? Nach Ausschöpfung von Krankentaggeld und allfälliger Arbeitslosentaggelder bleibt oft nichts Anderes übrig, als sich stark zu verschulden oder bei der Sozialhilfe anzumelden.
Ich bitte den Bundesrat um Beantwortung folgender Fragen:
1. Hat der Bundesrat Kenntnis von der neusten und im Kreisschreiben über Invalidität und Rente in der IV (KSIR, Rz. 2300) aufgenommenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung?
2. Ist der Bundesrat ebenfalls der Ansicht, dass die neuste und im KSIR aufgenommene bundesgerichtliche Rechtsprechung in zahlreichen Fällen stossende Auswirkungen hat?
3. Ist der Bundesrat bereit, Lösungen zu entwickeln, wie solch stossende Auswirkungen vermieden werden können (z.B. durch ein Wartezeittaggeld für die Zeiten zwischen den einzelnen Eingliederungsmassnahmen, analog dem Wartezeittaggeld im Hinblick auf eine Umschulung gemäss Art. 18 IVV)?